Indizien für Scheinselbstständigkeit liegen in vielen Einrichtungen der Weiterbildung vor. In diesem Beitrag beobachten wir aktuelle Gerichtsurteile und Beispiele.
Das neuste Urteil:
"LSG Bayern: Tätigkeit eines Rundgangleiters in Dokumentationszentrum ist sozialversicherungspflichtig", Beck Aktuell, 11.07.2018
Die Rundgangleiter*innen durchlaufen vor der Übernahme von Aufträgen eine halbjährige Schulung inklusive Abschlussprüfung bei dem Dokumentationszentrum und erhalten Skripte für die Rundgänge. Zudem fehlt das unternehmerische Risiko.
Weitere Urteile und Beispiele im Beitrag.
Letzte Aktualisierung: 19.07.2018
(hb)
Beispiele und Urteile:
"Beachtung eines Lehrwerkplans führt nicht zur Sozialversicherungspflicht", Haufe, 20.03.2018
Das Landessozialgericht NRW hatte für den Musikdozent einer städtischen Musikschule zunächst Scheinselbstständigkeit festgestellt. Nun hob das Bundessozialgericht die Entscheidung auf. Das Urteil wirft ein Schlaglicht auf den Umgang mit dem Thema beim Bundessozialgericht. Das Urteil führte an der Musikschule Mettmann bereits zu Überlegungen, die (neuen) Festanstellungen der Lehrkräfte wieder in Honorarverhältnisse zurück zu wandeln.
"Dozent eines Weiterbildungsinstituts ist nicht abhängig beschäftigt", haufe, 28.09.2017
"Nicht jede Anpassung an die Betriebsabläufe des Auftraggebers stelle eine Eingliederung in dessen Arbeitsorganisation dar. Der Dozent habe keine Verwaltungsaufgaben zu übernehmen, keine Pausenaufsicht zu machen und auch keine Vertretungen für verhinderte Kollegen wahrzunehmen gehabt. Die Weiterbildungseinrichtung habe ihn weder für andere Kurse einsetzen noch seine Teilnahme an Konferenzen, Sprechtagen und Veranstaltungen anordnen oder von ihm die Erfüllung sonstiger Nebenpflichten verlangen können."
"BSG: Hohes Honorar starkes Indiz gegen Scheinselbstständigkeit", haufe, 06.04.2017
Neben der Freiheit der selbstständigen Heilpädagogin war in diesem Urteil ein weiteres Kriterium ausschlaggebend: Das Honorar lag höher als bei Angestellten und lies daher nach Ansicht des Bundessozialgerichts eine eigene Vorsorge zu. Die Grünen forderten bereits, die Höhe des Honorars als einziges Kriterium für Scheinselbstständigkeit einzusetzen (-> Handelsblatt).
Mögliche Scheinselbstständigkeit bei Fahrradkurieren: Der Artikel mit Tipps für Unternehmer*innen von Lieferdiensten sagt einiges darüber aus, wie Scheinselbstständigkeit konkret aussehen kann. In Belgien hat deliveroo bereits Probleme wegen Scheinselbstständigkeit der Fahrer/innen bekommen. (März 2018)
Scheinselbstständigkeit in der beruflichen Bildung: "Ausbeutung statt Nächstenliebe", taz, 29.08.2017 - Das Berufsförderungswerk Friedehorst beschäftigte offenbar über Jahre scheinselbstständige DozentInnen. Tätigkeitsgebiete sind die berufliche Rehabilitation, Weiterbildung und Integration.
Scheinselbstständige Besucherführer: "Bundestag hat jahrelang Scheinselbstständige beschäftigt",
Süddeutsche, 10.08.2017
Skandal am Goethe-Institut im Frühjahr 2017: "400 Deutschlehrer leiden unter Goethe-Chaos", Spiegel Online, 07.02.2017
Bitte beachtet: Dass die Lehrkräfte ihre Aufträge verloren, ist kein Automatismus, sondern eine Entscheidung des Goethe-Instituts.
Scheinselbstständigkeit im Journalismus: "Geldregen von der Krankenkasse", Zeit Online, 02.08.2016
Scheinselbstständigkeit an Schulen in Niedersachsen: "Land einigt sich mit Rentenversicherung über Honorarkräfte an Schulen", haufe, 07.11.2013
Es gibt Berichte, dass in manchen Bundesländern Honorarkräfte in den Deutsch-Vorbereitungsklassen an Berufsschulen eingesetzt würden. Wer davon betroffen ist, sollte sich dieses Beispiel von 2013 unbedingt ansehen.
Übersicht:
Alle Gerichtsurteile zum Thema Scheinselbstständigkeit, haufe