"Tribunal Weiterbildung" in Hamburg: Endlich Tacheles geredet!

Photos: Frederik Schlenk
Photos: Frederik Schlenk

Am 27. November fand in Hamburg eine von der dortigen GEW organisierte Podiumsveranstaltung "Tribunal Weiterbildung. Working poor für Lehrkräfte unter staatlicher Regie: Bestandsaufnahme - Was kann Hamburg tun?" statt, an der ca. 50 Kolleg*innen teilnahmen.

 

Laut dem GEW-Bericht begann es mit O-Tönen von  Lehrkräften in der Erwachsenenbildung, z.B. "Für eine volle Stelle muss ich 50 Unterrichtsstunden unterrichten – und das für 2900 Euro brutto monatlich. Die Vor- und Nachbereitungszeit wird gar nicht bezahlt!“ Dr. Claudia Liehr-Molwitz, eine der Sprecherinnen des Bündnisses DaF/DaZ-Lehrkräfte, konnte ausführlich die prekäre Lage der Lehrkräfte darlegen. Sie wies  darauf hin, dass es in de Weiterbildung kaum Betriebs- oder Personalräte gebe, weswegen die Interessenvertretung der Beschäftigten schwierig sei. 

 

Dr. Andreas Martin vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) sorgte für Fakten und Zahlen: fast 700.000 Beschäftigte bundesweit  (etwa so viele wie im Schulwesen), ca. die Hälfte hauptberuflich, viele Scheinselbstständige, viele ohne  Sozialversicherungen, gut 70 % Akademiker*innen, die Einkommen im Schnitt niedrig.

 

"Neben dem Entsetzen über die dargestellten Bedingungen waren sich die Fachpolitiker*innen einig, dass die Weiterbildung in der letzten Legislatur zu wenig bis gar nicht im Fokus der Politik war. Das soll in der nächsten Legislatur dringend anders werden." heißt es in dem GEW-Bericht.

Kazim Abaci (SPD) wies auf die Wichtigkeit der Weiterbildung hin und kündigte eine Überarbeitung  des Hamburger Vergabegesetzes in Richtung auf Tarifbindung an.  Olaf Duge (GRÜNE) sprach über die Bedeutung lebenslangen Lernens. "Die Grünen werden sich für eine Bezahlung von Vor- und Nachbereitung in der Weiterbildung (Stichwort Faktorisierung der Unterrichtsstunden) einsetzen und die Möglichkeit prüfen, dass die Lehrkräfte sich über die Künstlersozialkasse oder ein ähnliches Solidarsystem versichern können." Marino Freistedt (CDU) war schockiert  über die Arbeitsbedingungen und meinte, die Auftraggeber sollten sich an der Sozialversicherung beteiligen. "Sabine Boeddinghaus (LINKE) kündigte eine Initiative ihrer Fraktion für ein Hamburger Weiterbildungsgesetz an und verwies darauf, dass die Regierungsfraktionen beispielsweise Anträge der Linken für Honorarerhöhung und bessere Ausstattung in der Volkshochschule trotz aller Sonntagsreden abgelehnt hätten."

 

Anja Bensinger-Stolze, die Hamburger GEW-Vorsitzende, stellte die GEW-Forderungen vor:

"1. Bundesratsinitiative für eine Tarifbindung bei öffentlich geförderten Aufträgen und Bildungsmaßnahmen

2. Hamburger Tariftreue-Gesetz

3. Erhöhung des Landeshaushaltes für Weiterbildung auf mindestens 1 % des Bildungsetats (von etwa 0,46 % 2014, GEW-Berechnung)

4. VHS:

- Erhöhung der Honorare der arbeitnehmerähnlich Beschäftigten von jetzt knapp 30 auf 38 € als absolut unterste Haltelinie und Überführung in sozialversicherungspflichtigen Festanstellungsverhältnissen  (langfristiges Ziel

- Zuschüsse zur Sozialversicherung

- Ausfallhonorar für Krankheit

- Finanzierung des Mehrbedarfes der VHS durch Erhöhung des Zuschusses der Landesregierung  

5. Einstiegsmöglichkeit aus dem DAZ-DAF-Bereich in den Schuldienst:

- Anerkennung des DaZ/DaF-Studiums als eigenständiges Unterrichtsfach

- Einstieg mit A bzw. E 11/ längerfristig auf A bzw. E 13 (nach Fortbildungsgarantie und Laufbahnbeschreitung [2 Fächer])"

 

Die Hamburger GEW-Chefin sagte: „Die Hamburger Politik muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass es sich bei der Weiterbildung nicht vorwiegend um Hobbykurse handelt, sondern um hochprofessionelle Lehrtätigkeit in wichtigen gesellschaftlichen Bereichen. Die Arbeitsbedingungen sind dort vielfach skandalös. Das muss dringend anders werden, dafür wird die GEW weiter mit den Beschäftigten kämpfen!“

(as)

 Zur Bildgalerie: