Filiz Polat, die integrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen und Initiatorin der Kleinen Anfrage "Qualitätsoffensive bei den Integrationskursen starten", hat ihren Kommentar zu der Antwort der Bundesregierung veröffentlicht. In dem Teil zu den prekären Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte steht folgendes geschrieben:
"Prekäre Lage der Lehrkräfte wird heruntergespielt
Die Bundesregierung nimmt die äußerst prekäre Lage der Lehrkräfte bei den Integrationskursen in Kauf und misst ihnen auch nur einen sehr geringen Stellenwert bei. Damit wird wohl der wichtigste Teil der Integrationsarbeit, der Spracherwerb, auf dem Rücken der Lehrkräfte und auf Kosten der Geflüchteten ausgetragen. Die Gesundheit der Lehrkräfte und die Unterrichtsqualität bleiben auf der Strecke, damit wird auch das für die Gesellschaft so wichtige Projekt "Integration" gefährdet. Eine echte Qualitätsoffensive bei den Integrationskursen kann es nur geben, wenn die Lehrkräfte angemessen bezahlt werden.
Fragen 25 – 43: Prekäre Situation der Lehrkräfte
Die prekäre Situation der Lehrkräfte wird ignoriert, Effizienz des Angebots ist wichtiger.
Die Bundesregierung möchte nicht beantworten warum Lehrkräfte, die Erstorientierungskurse geben, schlechter gestellt werden als diejenigen, die Integrationskurse unterrichten. Das BAMF, BMI und auch BMAS weisen den Wunsch nach Mindestgehalt und anderen Standards immer mit dem Hinweis auf Tarifautonomie zurück. (25d).
(as)
Honorare der Lehrkräfte
Wenn das BAMF bzw. die Bundesregierung wollte, könnte es beziehungsweise sie den Träger bei dessen Zulassung auf Einhaltung bestimmter Standards verpflichten.
Es stellt sich die Frage, warum das BAMF 24 Träger duldet, die das Mindesthonorar unterschreiten? Das Schlupfloch (Zweckentfremdung) muss geschlossen werden, damit nicht mehr Träger es nutzen (Frage 35). Wenn es möglich ist, ein Mindesthonorar für Selbstständige vorzugeben, müsste es auch möglich sein, andere Mindeststandards zu bestimmen, zumal es in den Erstorientierungskursen (vgl. Frage 25d) ja funktioniert.
Das von der Bundesregierung angegebene Brutto-Einkommen in Höhe von 3790 € hat nichts mit der Realität zu tun (Frage 37). Unseren Berechnungen zufolge, haben die Lehrkräfte nicht mehr als 1500 – 1600 € netto. Zugespitzt könnte man sogar von Geringschätzung der Lehrkräfte und Ahnungslosigkeit sprechen, wenn die Bundesregierung davon ausgeht, dass eine Honorarlehrkraft 52 Wochen, also 260 Tage arbeitet und verdient. Die Bundesregierung berücksichtigt dabei weder die Feiertage (ca. 10), noch Urlaub (ca. 20-30), noch Krankheitstage (Bundesdurchschnitt 2018: 17).
Selbstständige Lehrkräfte bekommen kein Honorar für diese Tage. Im besten Falle kann also von 210 bezahlten Arbeitstagen ausgegangen werden. Das ergibt ungefähr 3062€ (210 Tage x 5 UE x 35 €) brutto im Monat.
Dann müssen noch Betriebskosten berücksichtigt werden: Arbeitszimmer, Fahrtkosten, Bürobedarf, Fachliteratur, usw., also min. 100 € monatlich. Es bleiben also als Gewinn ca. 2960 € brutto im Monat. Da Selbstständige ihre Sozialabgaben zu 100 % selbst zahlen müssen, sollten zusammen mit Steuern nochmals ca. 50 % vom Brutto abgezogen werden. Netto bleiben also ca. 1500 bis 1600 € monatlich, aber nur wenn man (unrealistischerweise) keine Pausen zwischen den Kursen hatte, nicht zu lange krank war, nicht zu hohe Betriebskosten hatte, etc..
Mindestlohn / Arbeitsbedingungen
Die Bundesregierung und das BAMF scheinen sich nicht für die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte zu interessieren beziehungsweise nehmen sie in Kauf. Das BAMF schiebt hier die Verantwortung an den Zoll ab (Fragen 38 -40).
Sonst ist das BAMF sehr penibel was Auflagen gegenüber Trägern betrifft, daher ist es verwunderlich bis zynisch, dass beim Mindestlohn für Lehrkräfte weggeschaut wird."